Rede der Glaubensgemeinschaften (Herner Versprechen 2025)
Bündnis Herne am 25. Februar 2025
Arnd Röbbelen (Evangelische Kirche), Hamza Davulcu (Islamische Gemeinde Röhlinghausen) & Ludger Plümpe (Katholische Kirche)

Arnd Röbbelen (Evangelische Kirche)
„Leider lehrt unsere Erfahrung, wie schnell es gehen kann“ – „wie schnell es gehen kann, dass Menschlichkeit und Solidarität vergessen werden“.
Das sagte vor wenigen Wochen der Holocaust-Überlebende Rudolf Popper in einem Interview anlässlich des Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar.
Viele der noch lebenden Zeitzeugen äußern sich mittlerweile besorgt und berichten von den Anfängen damals, von der Vorgeschichte. Von dem schleichenden Prozess der moralischen Zersetzung und der Korruption des Rechts.
Es hat „angefangen mit der Ausgrenzung, mit den Gesetzen zur Entrechtung einer speziellen Gruppe“, sagt Rudolf Popper.
Viele kleine Schritte, die in Krieg und Völkermord mündeten. Und wenn wir uns das „Nie wieder“ wirklich zur Richtschnur gemacht haben, dann müssen wir diesen Überlebenden genau zuhören, um die Signale wahrzunehmen, die uns anzeigen, dass in dieser Richtung die schiefe Ebene beginnt.
Unter dem Motto „Für alle. Mit Herz und Verstand“ ruft die bundesweite Initiative christlicher Kirchen die Bevölkerung auf, durch aktive Teilnahme an den Wahlen die Demokratie zu stärken. Für uns als glaubende Menschen sehen wir hier eine besondere Verantwortung, die von Gott jedem Menschen gegebene unantastbare Würde jedes Menschen zu wahren und uns unablässig für ihren Erhalt einzusetzen.
Als weltlicher Begriff hat die Menschenwürde Eingang in den Art. 1 (1) GG gefunden und unterstreicht die Stellung der Menschenwürde als „obersten Wert“ des GG. Art. 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Bemerkenswert: die Menschenwürde ist an keine Voraussetzung gebunden.
Der Begriff der Menschenwürde ist absolut und ist abstrakt.
Er muss ausgelegt und in kleine Münze gewechselt werden, damit er praktische Bedeutung gewinnt.
Er ist nicht selbsterklärend.
Die jüdisch-christliche Überlieferung kann an den säkularen Begriff der Menschenwürde mit der Rede davon, dass der Mensch zu nicht weniger als zu Gottes Ebenbild geschaffen ist, anknüpfen - nachzulesen in der Schöpfungsgeschichte der Genesis.
Hamza Davulcu (Islamische Gemeinde Röhlinghausen)
Der Islam begründet die Menschenwürde mit der besonderen Ehre, die Gott allen Menschen erwiesen hat. So steht es in Sure Al-Isra 17:70.
Darum ist dem Menschen von allem Anfang an die Würde zu eigen.
Jeder Mensch ist ein Wesen mit Personalität.
Geschaffen zur Freiheit, zur Selbstbestimmtheit und gleichzeitig als Wesen, das angewiesen ist auf Fürsorge und Sorge, auf Gemeinschaft.
Wo die Person zu einer Sache wird, da ist unsere höchste Aufmerksamkeit geboten:
„Leider lehrt unsere Erfahrung, wie schnell es gehen kann“ – „wie schnell es gehen kann, dass Menschlichkeit und Solidarität vergessen werden“.
Ludger Plümpe (Katholische Kirche)
Wo „der Flüchtling“ zur Masse wird, die man durch „Remigration“ entsorgen kann, wo „der Asylant“ als solcher kriminalisiert wird, da geht es schnell, dass Menschlichkeit und Solidarität vergessen werden, dass Menschen ihre Würde abgesprochen wird.
Das Versprechen, das viele Menschen heute vor genau einem Jahr hier in Herne an dieser Stelle abgegeben haben, muss halten!
Was können wir als Christinnen und Christen, als Musliminnen und Muslime, als Jüdinnen und Juden hier in Herne heute sagen? Was können wir als Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt tun? Worauf können wir uns in diesen schweren Zeiten stützen?
Im Glauben an den Gott Abrahams miteinander verbunden, kann unsere Antwort nur eine sein: lasst uns um Gottes Willen füreinander einstehen.
Für Menschenwürde.
Für Nächstenliebe.
Für Vielfalt.
Für Toleranz.
Für Zusammenhalt.