Bündnis Herne am 25. Februar 2025
Veranstaltung zum Herner Versprechen / 20-2-2025
Ein Jahr ist es her.
Ein Jahr ist es her, dass wir beschlossen haben, ein Versprechen zu geben.
Das Versprechen, aufeinander zuzugehen, zueinander und miteinander zu stehen und einzustehen für die Werte, die wir vor langer Zeit auf eine Art neu erlernen mussten, die an Grausamkeiten kaum zu überbieten war und ist.
Wir versprachen, den Schutz der Menschenwürde, der Demokratie und des Rechtsstaats über alles zu stellen und rassistischen, antidemokratischen und verfassungswidrigen Positionen jeder Colour keinerlei Duldung zu schenken.
Sicher waren damals einige der Meinung, ein derartiges Versprechen sei doch eigentlich unnötig und überflüssig, da all diese Werte und Anstandsregeln doch zur Grundklaviatur einer freien, demokratischen Gesellschaft wie die der Bundesrepublik Deutschlands gehören. Aber jetzt, ein Jahr später, können, sollten und MÜSSEN wir konstatieren: Oh Boy.
Wie wenig überflüssig ist es doch gewesen, dezent daran zu erinnern, dass die Werte einer freien, demokratischen Grundordnung nur an einer Stelle im politischen und alltäglichen Ränkespiel zu stehen hat, nämlich an erster.
Was 2024 noch als Drohung und Andeutung, als Damoklesschwert über uns schwebte, ist inzwischen Teil unserer Realität. Der Wertekompass, der seit Ende des Zweiten Weltkriegs unverrückbar zu sein schien, ist ins Schlingern geraten. Machtgier und Populismus, sowie Politik auf dem Rücken Schwächerer ist wichtiger geworden als all das, worauf unsere politische Gesellschaft eigentlich fußt. Warum? Weil es funktioniert.
Wo sind wir?
Wir sind an dem Punkt, an dem es kippt. Nicht an dem, an dem es kippen kann. Nein. An dem Punkt, an dem es kippt. An dem Punkt, an dem gesellschaftlich relevante Themen, an dem Grundfragen, an dem die Zukunft behandelt wird wie jeder beliebige Bullshitbeitrag auf Instagram und Tiktok.
Klick. Klick.
Klick.
Polarisierung gleich Reichweite. Reichweite gleich Relevanz, Relevanz gleich Stimmgewinn. Fertig. Wahrheit? Egal! Werte? Egal! Gewissen? Egal!
Die radikale Vertiktokung der Gesellschaft. Gestern noch auf Ihrem Smartphone, heute schon in Ihrem Bundestag und morgen…. Ach, scheiß auf Morgen. Morgen ist eh alles wieder anders, auch meine Werte von gestern.
Ist es das?
Ist es das, was wir wollen?
Dass die Realität immer mehr zu dem wird, was wir seit Jahren im Netz bestaunen dürfen? Dass alle Schranken der Menschlichkeit, des eigenen Gewissens und dem, was die Kinderstube einst verbot, einfach nur noch hinfällig sind? Von solchen Umständen profitieren nur die, denen Anstand, Menschlichkeit und das eigene Restgewissen – falls vorhanden – immer schon egal waren. Und wir alle wissen, wer das ist und immer schon war. Und wir können doch nicht so blind sein, zu übersehen, wie sehr diese Kräfte von der Richtung profitieren, die unser täglicher Diskurs immer mehr einschlägt. Eine Richtung und ein Diskurs, die diese Kräfte mitbestimmen und mitlenken, während angebliche Demokraten wie Lemminge darauf anspringen und sich mit in die menschlichen Abgründe begeben, in der irrigen Annahme, polemischer Menschenhass sei das Mittel der Wahl dieser Zeit.
Und so fallen Brandmauern. So fallen Säulen, die diese Demokratie tragen. Und so fällt am Ende die Demokratie selbst. Und Leute wie ich, die sich als Teenager vor 20 Jahren noch gefragt haben, wie das damals passieren konnte, die schauen heute in die Medien, nicken wissend und sagen sich: „Jo. So also.“
Danke dafür. Danke für diese lehrreiche, wenn auch zynisch-ekelhafte Lektion an all die auf-dem-Papier-Demokraten, die all dies so wunderbar möglich machen. Ich nenne keine Namen (das erledigt der kommende Monat), aber es darf sich angesprochen fühlen, wem dieses angebräunte Cinderellaschühchen passen mag.
Damit eines klar ist: Ein Versprechen zu geben, heißt, es zu halten. Für Werte einzustehen, heißt, sie zu leben und umzusetzen. Und menschen- und demokratiefeindlichen Kräften keinerlei Duldung zukommen zu lassen und sie in keiner Form zu unterstützen, heißt, genau DIES auch zu tun.
Ich bekämpfe einen parteigewordenen Gülleberg wie die AfD nicht, indem ich mich von ihr distanziere, aber das gleiche sage wie sie, das gleiche tue wie sie und das gleiche denke wie sie und wer zur Hölle hat jemals geglaubt, dass das Sinn ergeben würde? So dumm kann ich nicht sein.
Ein Jahr ist es her.
Ein Jahr ist es her, dass wir beschlossen haben, ein Versprechen zu geben.
Das Versprechen, aufeinander zu zugehen, zueinander und miteinander zu stehen und einzustehen für die Werte, die wir vor langer Zeit auf eine Art neu erlernen mussten, die an Grausamkeiten kaum zu überbieten war und ist.
Heute stehen wir wieder hier. Und wir versprechen, den Schutz der Menschenwürde, der Demokratie und des Rechtsstaats über alles zu stellen und rassistischen, antidemokratischen und verfassungswidrigen Positionen jeder Colour keinerlei Duldung zu schenken. Mit allem, was wir sagen, denken und tun.
Und wenn irgendwer noch immer der Meinung ist, ein derartiges Versprechen sei doch eigentlich unnötig und überflüssig in einer Demokratie wie der unsrigen, dem sei gesagt: Es war nie weniger überflüssig als jetzt.
Denn jetzt ist der Punkt, an dem es kippt. Und der Punkt, an dem es noch nie so wichtig war, als Gesellschaft zusammen das Gegengewicht zu bilden.
Und das wird in nächster Zukunft nicht einfacher werden.