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Rede des Bündnis Herne (Herner Versprechen 2025)

Bündnis Herne am 25. Februar 2025

Cordula Vordenbäumen für das Bündnis Herne

Meine letzte Rede in Recklinghausen im Oktober 2024, begann mit den Worten „Ich bin sauer!“ – heute starte ich anders: Ich freue mich!

 

Vorgestern im Stadtrat ist etwas Tolles passiert: Die Verwaltung wurde beauftragt, einen geeigneten öffentlichen Ort für die Ausstellung des „Herner Versprechens“ zu finden. Und das Beste? Alle demokratischen Parteien haben den Antrag gemeinsam eingebracht und unterschrieben – mitten im Wahlkampf! Das zeigt im Kleinen, dass es trotz hitziger Debatten möglich ist, uns auf das Wesentliche zu besinnen und als Demokrat:innen zusammenzuhalten.Es ist möglich, sich zu einigen, wenn alle bereit sind, auch mal von der eigenen Position abzurücken, statt kompromisslos darauf zu beharren! Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern gerade die Stärke der Demokratie: Gemeinsam Lösungen zu finden, die dem Wohle aller dienen und nicht nur der eigenen Klientel gefallen. Das muss zwischen demokratischen Parteien möglich sein und immer möglich bleiben.


Die Uneinigkeit unter Demokrat:innen darf nie so weit gehen, dass sich die AfD dazwischen drängen kann!


Ende Januar ist die Normalisierung der AfD auf Bundesebene angekommen, übrigens fast genau fünf Jahre, nachdem Kemmerich in Thüringen kein Problem damit hatte, mit den Stimmen der AfD Ministerpräsident zu werden. Die AfD fühlt sich nun umso mehr ermutigt, die CDU auch auf anderen politischen Ebenen zu vereinnahmen, zuletzt in Sachsen-Anhalt. Dort bringt die AfD gerade den Merz’schen 5-Punkte-Plan als eigenen Antrag in den Landtag ein. Das betrachten wir mit großer Bestürzung und Sorge.

 

Wir als Bündnis Herne sind ja keine Partei, sondern ein strikt überparteilicher Verein. Es ist nicht unsere Aufgabe, uns inhaltlich in politische Themenfelder einzumischen und auf alles eine Antwort zu geben. Unsere Aufgabe ist das Achtgeben auf unsere Demokratie, das Eintreten für einen respektvollen Umgang miteinander, für einen Streit in der Sache, ohne persönlich oder gar beleidigend zu werden. Uns eint der Kampf gegen diejenigen, die unsere Demokratie missbrauchen wollen, um sie auszuhöhlen und abzuschaffen. Unser Augenmerk liegt natürlich vor allem auf antidemokratischen Parteien wie der AfD. Offenbar müssen wir nun aber auch Teile der CDU in den Blick nehmen. Dabei müssen wir uns auf unseren lokalen Bereich beschränken. Hier sind wir kontinuierlich im Gespräch mit allen demokratischen Parteien, auch mit der CDU. Diese offenen Türen müssen wir nutzen, um eigene Perspektiven einzubringen. Es besteht zumindest eine kleine Chance, dass etwas davon seinen Weg innerparteilich nach weiter oben findet.

 

Nun hat sich nach den Abstimmungen im Bundestag die Herner CDU sehr deutlich hinter Friedrich Merz gestellt – und sich fast im selben Atemzug zum „Herner Versprechen“ bekannt. Das ist in unseren Augen ein Widerspruch.

 

Wir konnten uns dazu in einem persönlichen Gespräch mit dem Kreisvorsitzenden Christoph Bußmann und seiner Stellvertreterin Bettina Szelag austauschen. Danke dafür, auch wenn sie heute Abend nicht hier sind! An einigen Punkten waren unsere Perspektiven und Wahrnehmungen unterschiedlich und sind es auch geblieben. Das war zu erwarten und ist auch völlig ok. Für uns wichtig war vor allem ihr glaubhaftes Bekenntnis zum „Herner Versprechen“. In der Ratssitzung am Dienstag hat Christoph Bußmann noch einmal ausdrücklich bekräftigt, dass die Herner CDU hinter unserem gemeinsamen Versprechen steht. Er hat dies auch direkt unter Beweis gestellt: Die AfD hatte unmittelbar vorher mit dem Hinweis auf die angeblich „einschüchternde Demo“ vor der CDU-Geschäftsstelle auf sehr plumpe Weise versucht, die CDU zu vereinnahmen. In seiner Antwort hat sich Herr Bußmann ausdrücklich hinter das im Grundgesetz verbriefte Recht gestellt, auch vor der CDU-Geschäftsstelle zu demonstrieren. Ob er die Demo persönlich gut fände, sei dahingestellt. Wenn es nach der AfD ginge, sei das Grundgesetz aber gar nichts mehr wert. Unsere Tür zur Herner CDU ist daher weiterhin offen.


Anders als im Gespräch zu bleiben, wird es uns auch nicht gelingen, die CDU auf unserer Seite der Brandmauer zu halten.


Uns ist bewusst, dass viele von euch inzwischen gegenüber der CDU dicht machen. Dieser Impuls ist nachvollziehbar, für uns aber keine Option – noch nicht, jedenfalls, und ich sage euch, warum: Was die Demokratie ausmacht, ist nicht nur die Fähigkeit zum Konsens, sondern auch das breite Spektrum an Meinungen und Perspektiven. Demokratie braucht nicht nur linke Positionen, sondern auch die Stimmen anständiger Konservativer. Das ist für mich der springende Punkt: Anständige Konservative.


„Anstand“ heißt „Abstand“!


Abstand  zur AfD.

Abstand  zu ihren menschenverachtenden Positionen.

Abstand  zu ihrem populistischen Geschrei, das keine echten Lösungen bietet.

 

Populistisches Geschrei führt übrigens nie zu echten Lösungen, egal wer da rumschreit. Das heißt: Keine Kooperation, keine stillen Absprachen, keine faulen Deals!

Mangelnder Abstand beginnt nicht erst bei einer Koalition mit der AfD.


Ich bin über ein Zitat des früheren Bundespräsidenten Walter Scheel gestolpert, das sich neben der AfD gern auch verschiedene Akteur:innen anderer Parteien hinter die Ohren schreiben dürfen: „Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.“

 

Unser Gradmesser ist das „Herner Versprechen“.


Daran wird sich die lokale CDU wie alle anderen beteiligten Parteien messen lassen müssen, gerade auch mit Blick auf die Kommunalwahl im September.

Von der SPD, den Grünen, den Linken und den Piraten haben wir erwartbar sehr eindeutige Rückmeldungen bekommen.

Aber auch die Herner FDP hat sich nach den Abstimmungen Ende Januar in einer ausführlichen E-Mail sehr deutlich von ihrer Bundespartei distanziert und sich hinter das „Herner Versprechen“ gestellt.

 

Zurück zur AfD:

 

Mit ihren menschenverachtenden Äußerungen auf allen politischen Ebenen vergiftet sie die Stimmung in der Gesellschaft, nicht nur weit weg auf Bundesebene, sondern auch ganz konkret hier in Herne. Damit übt sie auch ohne Regierungsbeteiligung einen großen Einfluss aus.


Rechtsradikale Ansichten werden zunehmend salonfähig und ganz ungeniert offen geäußert und gezeigt:

 

  • In einer Kleingartenanlage hatte vor einiger Zeit jemand eine Reichskriegsflagge gehisst. Das ist nicht grundsätzlich verboten, aber schon ein deutlicher Hinweis auf eine rechtsradikale Gesinnung. Die Flagge ist inzwischen verschwunden, vielleicht hat unser Brief an den Vorsitzenden des Kleingartenvereins etwas dazu beigetragen.
  • Im ganzen Stadtgebiet finden sich mittlerweile unfassbar viele Sticker mit rechtsradikalen Inhalten. Liebe Menschen ziehen immer wieder los, um sie zu beseitigen. 
  • Menschen werden wahllos angesprochen, ob sie “etwa für die Antifa stickern“. Das hat schon etwas Bedrohliches. 
  • Menschen türkischer Abstammung bekommen Drohbriefe mit eindeutigem Holocaustbezug.

 

Diese Entwicklung macht uns große Sorgen. Wie würde sich unser Leben anfühlen in einem Land, das noch erheblich mehr von der Ideologie der AfD geprägt wäre?

 

Sorgen machen wir uns aber vor allem um die Menschen, die nicht als deutsch wahrgenommen werden: Unsere Freund:innen, Kolleg:innen und Familienangehörigen –  sei es aufgrund ihres Namens, sei es aufgrund ihrer Hautfarbe oder eines Kopftuches.

 

  • Was erleben sie im Alltag, seit sich der Ton in der Migrationsdebatte so verschärft hat?
  • Welche Erfahrungen werden sie in einer noch stärker von der AfD dominierten Gesellschaft machen?
  • Wie geht es ihnen damit?
  • Können sie sich noch willkommen und zugehörig fühlen?
  • Haben sie Angst?
  • Welche Konsequenzen ziehen sie daraus?

 

Ich habe mir vorgenommen, mehr danach zu fragen. Das habe ich bisher viel zu selten getan. Bitte tut das auch in eurem Umfeld! Menschlichkeit und Empathie dürfen nie zu kurz kommen.


Zum Schluss:

Das „Herner Versprechen“ ist mehr als ein Statement gegen die AfD.

Es steht für eine vielfältige, tolerante und respektvolle Stadtgesellschaft.

 

Nicht nur die demokratischen Parteien haben sich dazu bekannt, sondern eine Vielzahl von Mitbürger:innen, Initiativen, Institutionen und Unternehmen. Auch ihr könnt das es immer noch online unterschreiben, wenn ihr das noch nicht getan habt.

 

Das „Herner Versprechen“ geht uns alle an.

 

Das „Herner Versprechen“ ist unsere Brandmauer!

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