Bündnis Herne am 28. April 2024
Auf dem Kirmesplatz beginnt in diesen Minuten eine Demo unter dem Motto „Der Pott erwacht!“
Das kommt euch irgendwie bekannt vor?
Genau. Vor zwei Jahren hatten wir das Szenario schon einmal. Einige von euch werden sich an die Bilder und Eindrücke von damals erinnern:
Eine wilde Mischung vorgeblich friedlich gesinnter Menschen zog vom Kirmesplatz aus durch Wanne. Sie zeigten „Herzchen“ in unsere Richtung, winkten „freundlich“ – und gleichzeitig stellten sie unter anderem auf Plakaten eine vehemente Ablehnung von allem möglichen zur Schau: alle Corona-Maßnahmen, die Regierung, das ganze demokratische System.
Mit dabei: Michael Schele, ein ehemaliger DJ aus Hagen.
Michael Schele war bei vielen dieser Coronaleugnerdemos im ganzen Ruhrgebiet und auch darüber hinaus dabei.
Er war buchstäblich die Stimme dieser Demos, denn die Durchsagen aus den Lautsprecherwagen stammten in der Regel von ihm.
Und das nicht nur bei Demos, bei denen er persönlich dabei war, sondern auch bei diversen anderen Gelegenheiten, bei denen seine zuvor aufgenommenen Texte abgespielt wurden.
Auch aktuell ist er in irgendeiner Form immer wieder dabei, wenn Demos und Autokorsos durchs Ruhrgebiet ziehen. Neben viel Quatsch beschallt er die Demostrecken regelmäßig mit reichlich Verschwörungserzählungen, zum Beispiel dem Mythos, dass die Weltgesundheitsorganisation sich die Pandemie ausgedacht hat, um das politische System umzukrempeln, um uns alle zu unterdrücken und so weiter und so fort.
Die von ihm verbreiteten Verschwörungserzählungen beinhalten immer wieder antisemitische Narrative – Stichwort „globale Finanzelite“. Auch anderes volksverhetzendes Zeug ist dabei, wenn er zum Beispiel von der „faschistischen Bundesregierung“ spricht.
Das hat ihm eine ganze Reihe von Anzeigen und Strafverfahren eingebracht. Aktuell läuft ein Prozess gegen ihn in Stuttgart. Das ist der Anlass für die heutige „Der Pott erwacht“-Demo: Solidarität mit Michael Schele.
Nach der Prognose der Polizei nehmen an dieser Solidaritätsdemo heute erheblich weniger Menschen teil als vor zwei Jahren. Während der Vorbereitungen für unsere Gegenkundgebung wurden wir mehrfach mit der Idee konfrontiert, die Bagage einfach durch Wanne ziehen zu lassen und ihnen keine Beachtung zu schenken.
Dazu sagen wir entschieden „Nein!“ Warum?
Organisiert wurden die Demos damals bereits von rechtsradikalen Strukturen, daran hat sich bis heute nichts geändert.
Diejenigen, die da heute mitlaufen, sind der von damals übrig gebliebene radikal antidemokratische Kern aus Rechtsradikalen, Reichsbürgern, AfD-Anhängern. Da sind Leute dabei, die immer noch Woche für Woche durch Hattingen und den Kreis Recklinghausen latschen. Ihre Themen ändern sich, ihre Forderungen sind am Ende aber immer die gleichen: Die Ampel muss weg, das System muss weg, führende Politiker:innen sollen verhaftet und verurteilt werden.
Da können und dürfen wir nicht wegschauen.
Da müssen wir sogar ganz genau hinschauen und zuhören.
Denn diese Menschen lehnen alles ab, wovon sie sich ganz persönlich in irgendeiner Weise einschränkt fühlen. Und sie fühlen sich immer sofort massiv eingeschränkt von allem, was nicht ihrer eigenen Anschauung entspricht oder dem, was sie „ihre Werte“ nennen:
Wissenschaft, alternative Lebensformen, Tierschutz (außer wenn es um ihre eigenen Hunde und Katzen geht), Klimaschutz, kulturelle und religiöse Vielfalt.
Der demokratische Prozess beruht auf Argumentation, Verhandlung, Konsens- oder Kompromissfindung. Es ist klar, dass da nicht immer alles so kommt, wie man es sich wünscht.
Auch dieses Prinzip lehnen sie ab. Sobald Widerspruch gegen ihre Positionen laut wird, fühlen sie sich in ihrer Meinungsfreiheit unterdrückt und vergleichen sich auch schnell mal mit den Opfern des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945.
Sie verwechseln konsequent das Recht auf Meinungsfreiheit mit dem Recht auf Widerspruchsfreiheit.
Die Leute, die hier gleich vorbeiziehen, lehnen alles ab, wofür wir stehen:
Toleranz, Offenheit, Respekt, ein bunte, vielfältige Gesellschaft, in der wir nicht als erstes darauf schauen, worin wir uns unterscheiden, sondern was wir – bei allen Unterschieden – gemeinsam haben.
Sie lehnen alles ab, wofür wir gestern noch bei „Bass gegen Hass“ getanzt haben.
Wir nennen sie:
Wir verurteilen niemanden einfach so für eine andere Meinung. Aber wer Nazisachen sagt und Nazisachen tut, ist halt ein Nazi.
Wir stehen heute hier, um ihnen unmissverständlich zu sagen: „Packt den Pott nicht an!“
Abschließend noch ein Wort zur AfD, deren Sympathisanten zum Teil bei Demos wie der heutigen mitlaufen.
Auch auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen:
Die AfD ist keine Protestpartei, und sie ist erst recht keine Alternative!
Sie ist das Ende unserer Freiheit!
„Packt den Pott nicht an!“ – Das gilt auch und ganz besonders für die AfD!