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Das geht uns alle an!

Bündnis Herne am 7. Februar 2024

Statement Bündnis Herne zur Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“

Am 10. Januar 2024 hat das Rechercheportal Correctiv ein Geheimtreffen von AfD, Identitärer Bewegung und anderen rechtsradikalen Beteiligten mit finanzkräftigen Unternehmern in Potsdam enthüllt. Darüber ist in den vergangenen Wochen umfassend berichtet worden.
https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/


Der ganze dort diskutierte „Masterplan Remigration“ ist ein einziger Angriff auf die deutsche Verfassung und in seiner Ideologie im Kern faschistisch.


Es geht um unsere Kolleg:innen, Freund:innen, Partner:innen, Kinder …

Es geht auch um uns selbst: Neben „Migrant:innen“passen auch all jene, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einsetzen, nicht in das faschistische Weltbild. In diesem haben all diejenigen keinen Platz, die sich für demokratischen Pluralismus engagieren, die einen Lebensentwurf jenseits der Vorstellung von „Vater, Mutter, Kind(er)“ leben, die eine inklusive, vielfältige und offene Gesellschaft erhalten und verbessern möchten.


Schlicht: Es geht um uns alle!

AfD-Wähler:innen müssen das spätestens jetzt verstanden haben. Jetzt ist ihre letzte Möglichkeit, sich vom antidemokratischen Populismus abzuwenden. Die AfD hat hingegen bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis, nur wenige Tage nach den Enthüllungen, knapp 46% der Stimmen auf ihrem Kandidaten versammeln können und landete damit knapp unter der absoluten Mehrheit. Die Stichwahl am 28.01.2024 konnte der CDU-Kandidat dann ganz knapp für sich entscheiden. Aktuell gehen bei der AfD täglich 130 bis 150 neue Mitgliedsanträge ein. Wir müssen also davon ausgehen, dass dieses völkisch-faschistische Programm genau das ist, was die Mehrheit der AfD-Wähler:innen will. Das sind schon längst keine „Protestwähler:innen“ mehr!


Wir sagen: Wer faschistische Programmatik wählt, macht sich zum Steigbügelhalter menschenfeindlicher Politik.

Auch die Herner AfD positioniert sich deutlich entsprechend dem bekannt gewordenen „Masterplan“, nicht nur mit dem üblichen Gehetze in den sozialen Medien, sondern auch mit Anfragen an die Stadtverwaltung (25.01.2024: Anfrage an den Schulausschuss nach dem „Migrationshintergrund Herner Schülerinnen und Schüler“) und Anträgen im Stadtrat (ganz aktuell für den 20.02.2024 die Forderung nach „Sach- statt Geldleistungen für Asylbewerber“). Beide Beispiele zielen darauf ab, Menschen mit Zuwanderungsgeschichte verantwortlich zu machen für Missstände (hier: schlechtes Abschneiden deutscher Schüler:innen in der PISA-Studie) und ökonomischen Druck auszuüben.

Damit wird der Kurs gehalten, den die hiesigen AfD-Akteur:innen auch bereits in der Vergangenheit verfolgt haben: Insbesondere in den sozialen Medien finden Positionen aus dem Höcke-Flügel nämlich schon lange überproportional viel Widerhall.


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Welche Auswirkungen hätte ein Wahlerfolg der AfD konkret?

Bei den anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen ist eine Stimmenmehrheit der AfD und auch eine Regierungsverantwortung nicht mehr ausgeschlossen. Damit würde die AfD Einfluss auf Innen- und Rechtspolitik sowie auf die Bildungspolitik erlangen. Wir müssten mit dem Abbau liberaler Grundrechte rechnen, mit dem autoritären Umbau von Institutionen, mit Schikanen gegen viele Menschen in großem Stil.

Selbst wenn die AfD trotz hoher Stimmengewinne nicht an einer Regierung beteiligt sein sollte, weil die übrigen Parteien sich zusammenraufen und die „Brandmauer“ aufrechterhalten, droht eine Blockade parlamentarischer Entscheidungen – ein Drittel der Sitze reicht aus, um Entscheidungen, für die eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, unmöglich zu machen.


Es reicht im übrigen schon, wenn die AfD als stärkste Fraktion den Landtagspräsidenten stellt:

War das Ausfertigen und Verkünden von Gesetzen bisher eine Formalität, könnten zukünftig unliebsame Gesetze einfach nicht mehr verkündet werden, damit würden beschlossene Gesetze nicht zu geltendem Recht – siehe Polen unter der PiS-Regierung.

In der Vertretung des Landtages nach außen wären z. B. Einladungen an rechtsextreme Institutionen und Verbände zu Veranstaltungen zu erwarten.
Weitere Beispiele finden sich hier:
https://verfassungsblog.de/warum-die-machtubernahme-durch-die-afd-schon-fruher-beginnen-konnte-als-viele-glauben/

In mehreren Bundesländern werden am Tag der Wahlen zum Europäischen Parlament (09.06.2024) die Gemeinde- und Stadträte gewählt. Auch auf dieser Ebene könnte die AfD erheblichen Schaden anrichten, z B. wenn es um die Vergabe von Bundesmitteln für Demokratieprojekte geht. Was die AfD von diesen Projekten hält, hat sie schon vielfach kundgetan.

Und bereits seit Jahren haben rechtsextreme Kräfte die Gesellschaft verändert, ganz ohne Regierungsverantwortung, z. B. durch die ständige Erweiterung der Grenzen des Sag- und Machbaren. Das gipfelte zuletzt in der Wahl zweier AfD-Kandidaten zu ehrenamtlichen Verfassungsrichtern in Bayern – weil CSU und Freie Wähler nicht vom bisher üblichen Prozedere abweichen wollten.


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Es tut in diesen Tagen gut zu sehen, wie vielen Menschen dank der Correctiv-Recherche endlich bewusst geworden ist, welche Gefahr von der AfD und ihrem rechtsradikalen Umfeld für unsere tolerante, vielfältige Gesellschaft ausgeht. Es macht Mut, all die großen und z. T. auch riesigen Demonstrationen zu sehen.

Der Ruck, der aktuell durchs Land geht, darf aber nur der Auftakt sein für ein langfristiges und nachhaltiges Eintreten für Demokratie, Toleranz und Vielfalt! Der Kampf gegen die menschenverachtende Ideologie von AfD & Co. ist nämlich noch lange nicht gewonnen.

Für das, was uns allen unabhängig von der sonstigen politischen Orientierung , am Herzen liegt, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, müssen alle Menschen in diesem Land täglich immer wieder aufs Neue aufstehen und ihre Stimme erheben – im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz, in der Familie. Das wurde zu Recht in vielen Redebeiträgen eingefordert, auch auf der großen Demonstration der „Schirme gegen Rechts“ am 26.01.2024 in Herne. Es reicht nicht, einmal (oder auch zwei- oder dreimal) mit Tausenden anderen Menschen gemeinsam „Alle zusammen gegen den Faschismus“ zu rufen! Für die Größe der Bedrohung ist ein Hashtag zu klein (Casper, aus „Alle hassen Nazis“).


Wir appellieren an die potentiellen Wähler:innen der AfD:

Lest das Parteiprogramm, beschäftigt euch mit den Zielen der AfD. Ihr werdet feststellen, dass diese Partei sich selbst zwar als „Anwalt der kleinen Leute“ bewirbt, tatsächlich aber eine Politik genau gegen diese Menschen machen wird: Sie will Sozialleistungen kürzen, die Subventionen in der Landwirtschaft streichen, aus dem großen Friedens- und Wohlstandsprojekt „Europäische Union“ austreten.

Und wenn ihr mit dem politischen Angebot von Ampel, CDU oder der LINKEN nichts anfangen könnt: Wählt aus dem großen Angebot auf dem Stimmzettel irgendeine andere Partei, aber nicht die AfD! Sie schadet uns allen, und eben ganz besonders den ohnehin schon nicht so gut gestellten Menschen in diesem Land. Nicht zu wählen, ist keine Option: Eine geringere Wahlbeteiligung spielt der AfD zusätzlich in die Karten.


Wir appellieren an die Verantwortlichen in der Politik:

Macht eine Politik, die die Menschen verstehen, trefft Entscheidungen, die die Bevölkerung nachvollziehen kann. Und bleibt bei Entscheidungen, statt sie schon gleich am nächsten Tag wieder über den Haufen zu werfen. Macht eine Politik, die sich um die aktuellen Herausforderungen kümmert – überlasst der AfD nicht die Themensetzung, lauft ihr nicht hinterher, sondern wartet mit eigenen Lösungen auf, die dem Selbstverständnis dieses Landes als demokratisch, vielfältig und tolerant entsprechen.

Und hört endlich auf, politisch Andersdenkende aus dem demokratischen Parteienspektrum wie Feinde zu behandeln – ihr seid keine Feinde, sondern Gegner in der Sache. Wir erwarten einen respektvollen Umgang miteinander, dann wirkt die Auseinandersetzung um Lösungen auch nicht wie ein Kampf bis aufs Blut, sondern wie das, was sie sein sollte: Ein Streit um die beste Lösung.

Wir appellieren an alle demokratisch gesinnten Bürger:innen:

Wehrt euch mit aller Kraft gegen diejenigen, die mit den Mitteln unserer Verfassung unsere freiheitliche, tolerante und vielfältige Gesellschaft zerstören wollen. Es ist „5 vor 12“ für unsere Demokratie – oder, wie auf einem Demoplakat stand: „5 vor 33“.


Deshalb, im übertragenenen Sinne: Auf die Barrikaden! Heute, morgen, immer!

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